Das Kreis-Kriegerdenkmal in Süchteln

Im Zentrum des heutigen Kreises Viersen, genau an seiner höchsten Stelle ( 90,70 m ) steht seit 125 Jahren das größte und höchste Denkmal der Gegend und dennoch scheint es so gut wie vergessen, denn von keiner Straße aus kann man es mehr erblicken, kein Schild weist darauf hin und in den offiziellen Kreis-Karten wird es nicht mehr aufgeführt. Warum das so ist, erklärt sich aus der Entstehungsgeschichte dieses Denkmals und der damaligen Zugehörigkeit Süchtelns zum Kreis Kempen. Der Gedanke, hier ein Denkmal zu Ehren der auf den preussischen Schlachtfeldern von 1864, 1866 und 1870-71 Gefallenen zu errichten, war Gemeingut aller Kreisgemeinden und man entschied sich für den Standort Süchtelner Höhen, weil hier die höchste Erhebung des Kreises war und das Denkmal deshalb von weither gesehen werden konnte. Bauherr war der Kreis Kempen, dessen damaliger Kreistag unter dem Landrat von Bönninghausen das von dem Krefelder Architekten Hartel entworfene Projekt wesentlich gefördert hat. Bürgermeister von Süchteln war damals der spätere Landrat Karl Odenthal.

Die Grundsteinlegung erfolgte am 18. Oktober 1878. Zwei Monate vorher hatte man die Ausführung des Denkmals zum Festpreis von 22.500 Mark ( für die damaligen Verhältnisse eine sehr beachtliche Summe ) an den Architekten Hartel vergeben. Zur Bestreitung der Baukosten spendete allein die Süchtelner Bürgerschaft 5.000 Mark. Umfassende bauliche Vorarbeiten an Waldroden, Wegearbeiten, Materialanfuhr usw. mussten der Grundsteinlegung vorausgehen. So wurden z.B. in der Fundamentgrube und im Sockelkern rund 100 cbm Ziegelsteine vermauert. Der 18. Oktober brachte dann mit Roß und Wagen und besonders mittels der von drei Seiten gegen 9 Uhr morgens hier fälligen Züge Gäste in großer Zahl und der Tag, der denkbar herrlichste und sonnigste Herbsttag, gestaltete sich so recht durch die eigenste Initiative der Bevölkerung zu einem vollständigen Sonn- und Feiertage.

Den in die Stadt eintretenden Gästen im Offiziers- und Bürgerkleid schallten von der Denkmalshöhe Freudenschüsse entgegen. Im stattlichen Festzug wurde dann die in antiker Gold-, Rot- und Schwarzschrift verfasste Grundsteinurkunde zum Denkmalsplatz gebracht. Neben dem Musikkorps, dem damaligen Süchtelner Landwehrverein, den Deputationen verschiedener Kriegervereine aller Kreisgemeinden, einer großen Anzahl Bürger aus Süchteln und dem ganzen Kreisgebiet und der Schuljugend nahm auch das Offizierskorps des 1. Bataillons des 5. Rhein. Landwehr-Regimentes Nr. 65 und dessen 3. und 4. Kompanie am Festzug teil. An verschiedenen Punkten der Denkmalshöhe waren Geschütze aufgestellt, die den Festzug beim Eintreffen mit weiteren Festschüssen begrüßten. Viele Reden bekannter Männer wurden gehalten und Festtelegramme verlesen. Unter anderem sandte Prinz Heinrich der Niederlande aus Schloß Soestdyk bei Utrecht folgendes Telegramm: „Sehr erfreut über das freundliche Gedenken bei Gelegenheit der Grundsteinlegung des Kriegerdenkmals im Kreise Kempen zu Ehren Gefallener meines Regiments Nr. 65, spreche ich Ihnen auch im Namen meiner Gemahlin unseren aufrichtigen, herzlichen Dank aus, mit der Bitte, denselben dem Offz.-Korps des 65. Rgts. sowie den anderen Herren gütigst übermitteln zu wollen.“

Fast ein Jahr dauerten die Bauarbeiten, so dass das Denkmal am 22.9.1879 in feierlicher Weise eingeweiht werden konnte. Es ist 24 Meter hoch und der Adler hat eine Flügelspannweite von 3,10 Meter. Der mächtige, schön gegliederte Unterbau mit seinen gewaltigen Quadern, steht in richtigem Verhältnis zu dem achteckigen Säulenaufbau und dieser wiederum findet einen wirklich harmonischen Abschluß in der stilisierten Auskragung, die die Galerie trägt und diese geht  über in den vorzüglich dimensionierten Unterbau der Bekrönung. Sein Untersockel ist Niedermendiger Basaltlava, während die übrigen Teile mit Philipsheimer Sandstein verblendet sind. Auf großen Tafeln stehen die Namen der gefallenen Söhne des Kreisgebietes eingemeißelt, so dass sie der Vergessenheit entrissen sind. Sie stammten aus Amern, Boisheim, Bracht, Breyell, Brüggen, Burgwaldniel, Dülken, Grefrath, Hüls, St. Hubert, Kaldenkirchen, Kempen, Lobberich, Oedt, Schmalbroich, Süchteln, St. Toenis, Toenisberg und Vorst. Oberhalb der Tafeln sind auf besonders herausgestellten Steinen die bedeutendsten Orte aus den drei Feldzügen verzeichnet. Auch das Bildnis des „alten Kaisers“ Wilhelm I. fehlt nicht. Dieses Kaiserbild, sowie die Gedenktafeln und die Ecksteine mit den Schlachtenorten wurden von dem Kölner Bildhauer Wilhelm Albermann gestaltet. Im Innern des in herrlicher Umgebung stehenden Denkmals führt ein Aufgang zur Galerie auf 114 Meter über den Meeresspiegel und viele tausend Menschen sind im Laufe der Jahrzehnte hier hinaufgestiegen um den weiten Ausblick über das niederrheinische Land zu genießen.

Das Kreis-Kriegerdenkmal in Süchteln in den 1960er Jahren

Im Jahre 1902 war das Denkmal am 18. Oktober Gegenstand einer heftigen Debatte auf dem Jahrestag der „Kaiser-Wilhelm-Stiftung für deutsche Invaliden“. Es ging um den Adler, der auf der Denkmalspitze die Flügel wie zum Fluge ausbreitet. Er stände nicht richtig, hieß es damals, denn er schaute umgekehrt wie heute, also nach Osten. Bürgermeister Voss aus Dülken hatte schon seit Jahren an dieser Stellung des Adlers Anstoß genommen, wie er auf der Versammlung bekanntgab und beantragte ihn zu wenden. Der Adler solle symbolisch Wächter gegen die uns aus dem Westen drohende Gefahr sein, so argumentierte er. Diese Aufgabe könne er aber nicht erfüllen, solange er dem „Feinde“ den Rücken zukehre. Also müsse er nach heraldischen Grundsätzen gewendet werden. Ob dieser Argumentation erhob sich ein Sturm der Entrüstung; man sah in dieser Forderung einen Ausflug eines überspannten Gehirns und glaubte verschiedentlich sie entspringe einer gewissen „Kirchturmspolitik“, weil der Adler ja auch Dülken seine Kehrseite zeigte. Nach langer Erörterung kam man zu dem Entschluß, zwei anerkannte Heraldiker zu befragen und deren Urteil zu respektieren. Nachdem diese der Auffassung des Bürgermeisters Voss zustimmten, wurde auf der Jahreshauptversammlung 1903 beschlossen, den Adler zu drehen. Das Unterfangen wurde dann mit erheblichen Kosten ausgeführt. Seitdem schaut er nach Westen und beschützt so auch die Süchtelner heraldisch korrekt vor den möglichen „Feinden“ aus Richtung Dülken.

Tafel mit dem Abbild vom “alten Kaiser” Wilhelm I.

Zum 125jährigen Jubiläum des Kreis-Kriegerdenkmals in Süchteln am 22.9.2004 erschienen keine Festschriften, keine Zeitung hat darüber berichtet und kein Heimatverein hat eine Feier veranstaltet. Die Stadt Viersen hat keinen Abgeordneten und der Kreis Viersen keine Politiker geschickt, denn der damalige Bauherr, der Kreis Kempen existiert nicht mehr, genauso wie die „Kaiser-Wilhelm-Stiftung“ und die einst freien Städte, die heute teilweise nur noch „Ortsteile“ sind oder nicht mehr dem jetzigen Kreis angehören.

Das Kreis-Kriegerdenkmal in Süchteln im Jahr 2004

Es folgen die Namen der Orte mit den bedeutendsten Schlachten der damaligen Kriege, die auf dem Kreis-Kriegerdenkmal in Süchteln zu lesen sind und die Namen der 147 Gefallenen aus dem ehemaligen Gebiet des Kreises Kempen derer hier auf Steintafeln gedacht wird:

1864 im Krieg gegen Dänemark: Düppel ( Schlacht bei den Düppeler Schanzen ) - 1866 im Krieg gegen Österreich: Königgrätz - 1870-71 im Krieg gegen Frankreich: Metz, Strassburg, Gravelotte, Wörth, Paris, Sedan ( Gefangennahme Napoleons III. )

 

Amern(9): J.P. Fitzen, J. Irmgärten, J.P. Winkels, J.H. Delissen, P.M. Kohnen,
J. Reinartz, F.J. Roggen, W. Rüsges, P.M. Schroers

Boisheim(3): H.W. Philipsen, J.P.A. Thelen, J. Mewissen

Bracht(2): J.H. Giebelen, W.H. Leewen

Breyell(14): H.J. Breidenbroich, P.H. Giebmanns, A. van Leipzig, P.G. Lommen,
P.W. Amend, H.M. Anstötz, J.M. Boetzkes, H.J. Büschems, R. Cremers, Th. Goertz, P.W. Hahlen, F.H. Heesen, H.H. Hoffmanns, P.H. Kox

Brüggen(4): F.H. Lankes, J.H. Schmitz, J.M. Ampütz, J.M. Dömges

Burgwaldniel(1): W. Lennertz

Dülken(17): J. Buscher, J. Dahmen, J. Dickmeiss, P.A. Fellsches, M.A. Pex,
J.C.Th. Schündelen, P.M. Stocks, J.S. Eichler, F. Gater, A. Hillenbrands, J.H. Jansen, A.J. Klingen, E. Klingen, H.A. Kohnen, H.G. Oellers, A. Schroers, W.H.H. Vogelsang

Grefrath(7): J.H. Baum, J.H. Brockelmann, P.J. Hermes, J.J. Jansen, J. Josten,
P.M. Manten, J.H. Renkes

Hüls(6): A. Alles, G. van Kessel, J.C. Stegmanns, F.J. Husens, A. Salmon, J.H. Weck

St.Hubert(6): A.G. Heynen, J.W. Haan, J.H. Heyer, P.M. Jöres, J.W. Ixkes,
P.Th. Mülenhaus

Kaldenkirchen(8): J. Krambroeckers, J. Baums, J. Bodewins, P.H. Bontenackels,
W. Delissen, G. Glasmachers, M.A. Mertens, F.W. Muth

Kempen(5): J. Heck, J.H. Horten, J. Klaber, P.Th. Merkens, P.J.Th. Specker

Lobberich(5): J.H. Gruteser, P.J.R. Abelen, J.T. Feikes, J. Hoeren, T. Peuten

Oedt(7): P.J.J.H. Fegers, W. Kröll, J.J. Wolfen, N.H.A. Richen, M. Rütten,
P.J.H. Schelkes, R. Stieger

Schmalbroich(8): C. Berg, A.H.J. Gleumes, G. Heyer, E. Kox, J. Spöskes, H. Stieger, M. Tempels, J.J. Verhaag

Süchteln(20): P.M. Ambaum, C. Czescinsky, J.A. Heimes, J.W. Hoeren,
J.H. Neuenhaus, J.M. Pascher, J. Schiffer, J.J. Breuers, W. Classes, J.A. Daniels, J.R. Einmahl, H.H. van der Velden, A. Heydhausen, J.P. Klevers, P.M. Klevers,
A. Mays, M. Mertens, J.C. Sieben, H. Therstappen, W.H. Zohren

St. Toenis(11): P.G. Küppers, J.P. Schlünkes, J. Berker, P.H. Holthausen,
W.G. Kamps, A.J. Kreutzlücker, J.P. Krins, J. Kuhnen, P.M. Mollen, J.H. Niessen, P.W. Spitz

Toenisberg(2): W. Perbix, P.J. Richs

Vorst(12): P.A. Baums, W.J. Cornelissen, J.M. Dülks, J.M. Müllers, J.H. Verhoelen, H.J. Wittlings, E. Ferfers, P. Konnen, P.J. Pascher, A. Rafes, M.E. Schroers,
J. Wittlings

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